Environtalismus als neue Form des Humanismus

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Publisher: Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur (DomL)
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Publication Date: 17. April 2016
Edition: erste
In stock: YES
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Country: Austria
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Ökologismus als neue Form des Humanismus

Mgr. Richard Sťahel, PhD.

 

Institut für Philosophie PhF UKPh in Nitra

Hodžova 1, 949 74 Nitra

Slowakische Republik

e‑mail: rstahel@ukf.sk

 

 

Abstrakt:

Die fortschreitende Zerstörung der Umwelt und der sich verstärkende Klimawandel haben einen solchen Umfang erreicht, dass von der Menschheit als einer geologisch-klimatischen Variablen (Größe), die den Holozän in den Anthropozän verwandelt hat, gesprochen werden kann. Alle existierenden ökonomisch-politischen Systeme entstanden jedoch in der Periode des Holozäns, dessen klimatischen und Umweltbedingungen tragfähigen Prinzipien und Imperativen der globalen Industriezivilisation entsprachen. Es zeigt sich, dass die Erhaltung der klimatischen und Umweltbedingungen der weiteren Existenz der Zivilisation ohne grundsätzliche Änderungen ihrer hauptsächlichen Organisationsimperative, also ohe Änderung des Wirtschafts-, Sozial- und politischen Systems, welche den Kern dieser Zivilisation bilden, nicht möglich sein wird. In der gegenwärtigen Krise ist nicht nur das biologische Überleben des Menschen als Lebewesen bedroht, sondern auch die Erhaltung der Zivilisation, wobei bei der Bewahrung der Zivilisation nicht nur das Erhalten des erreichten Niveaus der wissenschaftlichen und technischen Kenntnis beachten werden sollte, sondern auch zumindest das gegenwärtige Niveau des Respekts und der realen Zugänglichkeit der Menschenrechte und menschlichen Freiheiten. Die sich vertiefende globale Umweltkrise bedroht jedoch gerade die Bedingungen, diese Rechte zu erfüllen, was aus der Verantwortung für die Umwelt eine fundamentale Frage des politischen und juristischen Denkens macht. Die neue Perspektive, die der philosophischen Reflektion die globale Umweltkrise eröffnet, verweist auf die Notwendigkeit den Humanismus neu zu defenieren, also seine Bedeutung gerade durch die Umweltveraussetzungen der Realisierung der Menschrechte und gleichzeitig durch die Umweltverantwortung zu erweitern.

 

Schon einige Jahrzehnte häufen sich die Nachrichten von der Degradation verschiedener Komponenten der globalen Umwelt und der Biodiversität. Die Nachrichten sind immer genauer, benutzen immer eine immer durchgefeiltere Methodologie und folgen immer mehr Kennziffern der Qualität des Ökosystems. Die globale Umweltkrise und ihre Ursachen sind also nicht mehr eine Angelegenheit der Gefühle oder der Intuition, sondern immer exakterer Fakten, deren Bezweifelung nicht nur im wissenschaftlichen, sondern auch im öffentlichen Diskurs immer weniger zu akzeptieren ist.

Zugleich ist immer offensichtlicher, dass die Anstrengung zum Abwenden oder wenigstens der Verlangsamung der Entwicklungsprozesse, die zur Vertiefung der einzelnen Aspekte der globalen  Umweltkrise führen, ohne grundsätzliche Änderungen der hauptsächlichen Organisationsimperative der globalen Industriezivilisation, also ohne Änderungen des wirtschaftlichen, sozialen und politischen Systems, die den Kern  dieser Zivilisation bilden, nicht möglich sein wird. Bisher deutet jedoch wenig darauf hin, dass solche Änderungen wenigstens mittelfristig stattfinden (udiať sa) könnten. Und das trotz der Tatsache, dass der größte Teil der zugängigen Daten von der fortschreitenden Devastierung der Umwelt praktisch auf allen Ebenen, einschließlich der klimatischen Änderungen spricht. Die Menschheit verschmutzt nicht nur mehr die Komponenten des planetaren Ökoystems, sondern sogar auch schon des nahen Weltalls, und das so, dass die Verschmutzung des Orbits der Erde auch schon die Weltraumflüge bedrohen. Gerade diese waren bis vor kurzem Symbol des Fortschrittes und der praktisch unbeschränkten Fähigkeiten der Menschheit.

Man kann nicht sagen, dass sich die Menschheit dieser Situation nicht bewusst wäre oder dass sie sich nicht bemühte, sie zu lösen, aber trotz verschiedener Projekte und Übereinkommen auf globaler Ebene schreitet der Anstieg der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre fort, wächst die Durchschnittstemperatur global, geht die Ausbreitung der Urwälder zurück und schreitet das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten fort, deren Geschwindigkeit sich sogar erhöht. In einigen beobachteten Gebieten, z.B. bei dem Phänomen der Zurückbildung der Ozonschicht der Atmosphäre infolge der Anwendung von Frigen (Halogenkohlenwasserstoffen) oder bei dem Schutz einiger bedrohter Pflanzen- und Tierarten, kam es jedoch zu einer Verbesserung der Situation. Eine solche Verbesserung der Situation kann man in Bereichen beobachtet werden, in denen es gelungen ist, wenigstens einen minimalen Konsens zu finden und Abkommen abzuschließen, die eine Mehrheit von Staaten, die sich so verpflichten, größtenteils durch ihre nationale Legislative und die ihr folgenden staatlichen Institutionen, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen, umfassen. Es zeigt sich so, dass das Begreifen einer bestimmten Gefahr als wirklich ernst, kann zum Abschließen von  Vereinbarungen, die ein wirkungsvolles Instrument zur  Mäßigung der Erscheinungen der globalen Umweltkrise sein können, beitragen.

Aber wie der Verlauf und die Ergebnisse mehrerer Weltkonferenzen in jüngster Zeit zeigen, nehmen nicht alle Staaten die globale Umweltkrise als Exitenzzbedrohung auf, und das nicht einmal im Falle des offensichtlichsten Phänomens – des Klimawandels. Es zeigt sich, dass der Unterschied in der Wahrnehmung des Ernstes der Umweltbedrohungen bedeutend von der sozialen Situation, die gleichzeitig gerade den Wohlhabenderen größere Möglichkeiten gibt, adäquat auf diese Bedrohungen zu reagieren, bedingt ist. Auch darum werden die Risiken und Bedrohungen, die die globale Umweltkrise darstellt, nicht als so ernst oder akut eingeschätzt, dass dies zu den notwendigen grundsätzlichen Änderungen in den Prioritäten der Individuen, der Kommunitäten und Staaten führen würde.

Die Geschichte ist jedoch voller Situationen, in denen über das Überleben oder Zugrundegehen ganzer Zivilisationen die Fähigkeit entschied, die wirkliche Bedrohung zu erkennen und adäquat und rechtzeitig auf sie zu reagieren. Man rechnet zum Beispiel damit, dass die sogenannte spanische Grippe Ende 1918 ungefähr hundert Millionen Menschen das Leben kostete, also mehr als alles Leid des ersten Weltkrieges zusammen. Die hohe Anzahl an Opfern war zu einem großen Maße gerade die Folge  dessen, dass alle Regierungen mehr als die Bedrohung durch die Epidemie die Angriffe anderer Staaten oder revolutionäre Bewegungen auf dem eigenen Territorium fürchteten. Als Priorität sahen sie also nicht den Kampf mit der Epidemie an, sondern den Aufbau von militärischen Kapazitäten und eines Sicherheits- bzw. repressiven Apparates.

Staaten setzen auch gegenwärtig vor allem eigene politische, ökonomische und soziale Interessen durch. Ulrich Beck nennt diesen Zugang methodologischen Nationalismus, der jedoch nicht nur Staaten und ihre Politiker betrifft, sondern auch die Gesellschaftswissenschaften. Die Einstellungen der Staaten, aber auch der gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen zu Problemen, die mit der globalen Umweltkrise zusammenhängen, sind so oft erst recht unüberwindbar unterschiedlich, und das auch in Abhängigkeit dessen, ob es um aus globaler Sicht arme oder reiche Staaten handelt. Es tauchten auch Befürchtungen auf, dass nicht nur die Verhandlungen, sondern auch die Anstrengung allein, die ablaufenden Klimawechsel und weitere Prozesse, die die Umwelt auf globaler Ebene verwüsten, anzuhalten oder wenigstens zu bremsen, gerade an den unüberwindbaren Unterschieden in den Standpunkten und Prioritäten der ärmeren und der reicheren Länder scheitern. Die globalen sozialen Ungleichheiten haben so einen bedeutenden Einfluss auch auf die Bereitschaft der Staaten, ihre Politik zu ändern, deren Folgen auf die Umwelt die Voraussetzungen der Existenz der Zivilisation durch die Umwelt bedrohen.

Ursprünglich waren die Hauptproduzenten der Treibhausgase und auch aller übrigen Arten der Verschmutzung die sogen. reichen Länder, in denen sich der Prozess der Industrialisierung und Urbanisierung schon im 19. Jahrhundert oder früher begann. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erweisen sich im Gegenteil die Länder, die als arm bzw. Entwicklungsländer gelten, als die Hauptverschmutzer, und das wegen ihres schnellen Wachstums der Population und der Anstrenung, das Lebensniveau seiner Bevölkerung zu erhöhen. Sie wollen dies jedoch auf dieselbe Weise erreichen, wie es schon im vergangenen Jahrhundert den reichen Ländern gelungen war, also durch Industrialisierung. Diese beschleunigt das Wirtschaftswachstum durch ein Produktionswachstum und einen steigenden Verbrauch, der Preis der Erhöhung des Wohlstandes ist nicht nur Verschuldung, sondern auch die Zerstörung der Umwelt. Diesen Preis zu zahlen, sind heutzutage die Entwicklungsländer eher bereit als die entwickelten Länder.

Die entwickelten Länder machen jedoch zugleich alles dafür, dass der hohe Lebensstandard ihrer Bevölkerung nicht gesenkt werden muss, und das ungeachtet dessen, dass schon allein das Halten des gegenwärtigen Niveaus die Regenerationsfähigkeiten der Biosphäre übersteigt und die klimatische Stabilität gefährdet, sodass immer mehr Gebiete des Planeten unbewohnbar werden. Die Erschöpfung der Wachstumsquellen wird zu einer allgemeinen Erscheinung. Nach verschiedenen Berechnungen verbraucht die Menschheit schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt um die Hälfte mehr Ressourcen als der Planet fähig ist zu regenerieren. Das Wirtschaftswachstum der globalen Industriezivilisationist ist so nur mehr auf Pump möglich – auf Kosten des Staates oder der Umwelt. ... auch darum kann U. Beck  auf „die bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen der Struktur der klimatischen und der Finanzkrise“ hinweisen. (Beck 2010b, 172). In beiden Fällen können die Risiken und ihre Begleitfolgen externalisiert werden, als von stärkeren Subjekten (Banken, Korporationen, Staaten), die die Quelle der Krise sind, auf schwächere oder direkt schutzlose Subjekte verschoben werden. Ökologische Probleme, die lange nur als Begeliterscheinungen der industriellen Entwicklungen angesehen wurden, werden so zur Quelle wirtschaftlicher, sozialer, politischer, diplomatischer und nicht nur in einem Fall auch schon bewaffneter Konflikte. Wie nämlich U. Beck aufmerksam macht, es geht nicht nur um anschließende Gesundheitsprobleme, die die Natur und den Menschen treffen, sondern um die sozialen, ökonomischen und politischen Folgen dieser Begleiterscheinungen.“ (Beck 2011, 31).

 

Die globale Umweltkrise, ihre Ursachen, Aspekte und möglichen Folgen sind schon mehr als ein halbes Jahrhundert Gegenstand der philosophischen Reflexion, ebenso wie die Suche nach möglichen Methoden, sie zu überwinden. Diese Reflexion machte die Etablierung einer Umweltethik und Umweltphilosophie möglich und ihre Implementierung in das Bildungssystem. Sie trug auch zur Thematisierung der Problematik der Devastierung der Umwelt im politischen, juridischen, wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs, und auf der lokalen, staatlichen und globalen Ebene bei. Trotzdem hält die Umweltkrise nicht nur an, sondern eine Anzahl von Erscheinungen zeigt, dass sie sich vertieft. Schon allein diese Erscheinung verdient eine philosophische Reflexion.

Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts überschattete die Reflexion der globalen Umweltkrise die Reflexion der globalen Wirtschaftskrise und ihre Folgen in der Form sozialer und politscher Krisen, die in vielen Ländern in gewalttätigen Konflikten mündeten. Bei der tieferen Untersuchung ihrer Ursachen zeigt sich, dass die Äußerungen der Umweltkrise in ihnen eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Man kann sogar behaupten, dass gerade die Kumulation der wirtschaftlichen und der ökologischen Krisenerscheinungen sich immer häufiger in Form von sozialen und politischen Krisen, die in bewaffneten Konflikten oder Kollapsen politischer Regime oder auch ganzer Staaten münden können, äußern. Es scheint, dass es höchste Zeit ist, den Environmentalismus (die Ökologie) ernst zu nehmen.

 

Mein Ziel ist, auf die gegenseitige Bedingtheit der sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Krisentendenzen der globalen Industriezivilisation, deren wechselseitige Verstärkung eine existentielle Bedrohung nicht nur für das erreichte Niveau der  Entfaltung der Zivilisation darstellt,, sondern auch für die Menschheit als biologische Gattung, zu verweisen. Die philosophische Antwort auf die Krise ist die Reflexion ihrer Ursachen und möglicher Folgen, also das Identifizieren und das Benennen der Bedrohungen und im idealen Fall auch das Konzipieren der Zugänge, welche die Überwindung der Krise möglich machen würden, bzw das Abwenden der identifizierten Bedrohungen.  Im Falle der globalen Umweltrisiken kann man sogar mit Václav Bělohradský behaupten, dass die philosophische Reflexion der gegenwärtigen Situation das Suchen nach einem politischen System für den Anthropozän ist (Bělohradský 2016), zu mindest das Bemühen um Formulierung von Imperativen, auf denen ein solches System aufgebaut (aufgestellt) werden kann.

 

In meinem heutigen Vortrag will ich diese Problematik durch sieben Grundthesen oder thematische Bereiche, die ich als Schlüssel für die philosophische Reflexion der Beziehungen zwischen Umwelt und gesellschaftlicher Entwicklung halte, tiefer erfassen. Gerade aus ihr könnte eine konstruktive Verbindung von Umweltschutz und Humanismus kommen.

 

Die erste These ist, dass die Umweltkrise die Krise der globalen Industriezivilisation ist.

Für charakteristische Zeichen der globalen Industriezivilisation halte ich (sehe ich an) die Industrialisierung und die Urbanisierung. Gerade diese Prozesse ermöglichten schrittweise die Anwendung des Imperativss des Wachstums auf fast alle Systeme der Gesellschaft. Die Globalisierung machte daraufhin die weitere Intensivierung und Beschleunigung der Entwicklung möglich, aber zugleichh führte sie dazu, dass die weltweiten wirtschaftlichen, sozialen, politischen und die Umwelt beeinflussenden Folgen des Industrialismus die Stabilität aller Systeme, die für die Existenz der Zivilisation notwendig sind, stören. Der  Begriff der Zivilisation wird sehr oft gerade mit komplexen Gesellschaften, deren Schlüsselinstitutionen und sozialen Interaktionen sich im städtischen Milieu konzentrieren, verbunden. Die gegenwärtige Zivilisation ist noch dazu die einzige historisch bekannte Zivilisation, die mehr als der Hälfte der Weltpopulation ein Leben in Städten ermöglicht. Gerade die Urbanisierung ist darum einer der entscheidenden Faktoren  mehrerer Phänomene, die mit der globalen Umweltkrise verbunden sind.

Zu den ernstesten Folgen des Industrialismus und der massiven Urbanisierung gehört das Überschreiten der Limits der Erträglichkeit (Erhaltbarkeit), bzw. dass die  Produktion und der Verbrauch die Möglichkeit der zugänglichen Ressourcen und die Fähigkeit des planetaren Ökosystems, mit dem Abfall und der Verschmutzung als unausweichliche Begleiterscheinungen des existierenden Produktionssystems und der Warendistribution und der Dienstleistungen zurechtzukommen, übersteigt. Das Ergebnis ist die Bewegung (Verschiebung) von der stabilen geologisch-klimatischen Periode zu einer weniger stabilen aber von den Menschen hervorgerufenen Periode, die als Anthropozän bezeichnet wird. Die globale idustrielle Zivilisation wurde so zu einer geologischen Größe, aber alle sozialen, ökonomischen und politischen Institutionen und die Imperative selbst, auf denen diese Institutionen beruhen, reflektieren diesen grundsätzlichen Wandel der Situation nicht.

 

            Die zweite These ist die Behauptung, dass über die Beständigkeit und Stabilität des ökonomisch-politischen Systems im konkreten Ökosystem auf lange Sicht die Methoden, durch die die einzelnen Gesellschaften das Ungleichgewicht zwischen wachsendem Verbrauch und der Begrenzheit der Ressourcen, die ein konkretes Gebiet anbieten kann, bewältigen, entscheiden. Diese Methoden nenne ich Lebensstrategien. Der steigende Verbrauch ist Ergebnis des  Wachstums der Population und der Erwartungen der Konsumenten, die sich immer intensiver auch künstlich durch Reklame und Marketing erhöhen. Jede Erhöhung der Populationsmenge und des Niveaus ihres Verbrauchs hat jedoch negative Folgen für die Umwelt. Während des letzten Jahrhunderts wurde die Erhöhung des Konsumspiegels (Niveau des Verbrauchs) faktisch zum Hauptziel des ökonomisch-politischen Systems und zur überwiegenden Lebensstrategie.

Zum Verstehen der Ursachen der Bewegung des planetarischen ökologisch.klimatischen Systems von der stabilen geologisch-klimatischen Periode des Holozäns zur weniger stabilen des Anthropozäns ist es darum notwendig, wenigstens die verbreitetsten Lebensstrategien und ihren Einfluss auf die Umwelt zu identifizieren. Als grundlegendste, aus der Evolution entstandene Lebensstrategie, die allen menschlichen Gesellschaften eigen ist, halte ich die Strategie der Produktion und Kumulation der Überproduktion, wie sie in seiner Konzeption Ivan Dubnička identifizierte. Bei der Suche nach Anwendungsmöglichkeiten dieser Strategie entwickelte die Menschheit in ihrer Geschichte in Abhängigkeit von konkreten Möglichkeiten (Zugänglichkeit von Technologien und Naturressourcen) verschiedene Strategien – die Strategie der Einschränkung des Bevölkerungswachstums, die Strategie der Gebietsvergrößerung, den Handel als Methode, Ressourcen, die auf dem eigenen Territorium nicht zugänglich waren, zu gewinnen, die  Strategie effektiver  die zugänglichen Ressourcen zu nutzen, die Strategie den Verbrauch zu kontrollieren, die Strategie, die auf der Fähigkeit, aus den Fehlern zu lernen, gegründet ist und auch, meiner Meinung nach hypothetische Möglichkeit der Expansion in den Weltraum als Fortsetzung der Strategie Gebietsvergrößerung.

 

Die dritte These behauptet, dass alle oben erwähnten Lebensstrategien nicht nur  ökologische, sondern auch soziale und politsche Folgen, die wieder rückwirkend die Umwelt beeinflussen, nach sich ziehen. Die Äußerungen der sozialpolitischen Krisen, die als Folge des fortschreitenden Wachstums der menschlichen Population entstehen, die einerseits mit dem Wachstum der Verbraucheransprüche und andererseits mit der Vertiefung der Einkommensunterschiede, bzw. mit der Ungleich im Zugang zu den Ressourcen verbunden sind. Diese These deutet darauf hin, dass die Stabilität der globalen Industriezivilisation nicht nur durch die Vertiefung der ökologischen, sondern auch der sozialpolitischen Krisenphänomene in Gefahr gebracht ist, wobei diese Prozesse komplementär sind und sich gegenseitig steigern (potenzieren). Die extreme soziale Ungleichheit ist auch eine ökologische Ungleichheit, denn die Einwirkungen und Bedrohungen der ökologischen Krise sind ebenso wie der Reichtum sehr ungleich verteilt. Die Unvermögenden sind den Risiken der Intoxikation und der Strahlung oder der Einwirkung des Klimawandels, wie den extremen Äußerungen des Wetters (Überschwemmungen, Trockenheiten, Windunwettern usw.) im viel größeren Maße ausgesetzt als die Begüterten, die um vieles mehr Möglichkeiten haben, diesen Äußerungen zu entfliehen oder Einrichtungen zu ihrer Bewältigung sich zu besorgen. Es get dabei nicht nur um die Ungleichheit zwischen Individuen, sondern auch von Ländern. Vor allen Dingen sind die weniger entwickelten Länder, die häufig von wirklicher Hungersnot bedroht sind, bereit wesentlich höhere industrielle Risiken als die reichen Länder zu tragen. Es ist verständlich, dass sich die armen Länder bemühen primär die sozialen Probleme durch eine weitere Industrialisierung, das Lebensniveau ihrer Bevölkerung zu erhöhen, zu lösen. Das geht jedoch nicht ohne eine intensivierte Ausbeutung und Verschmutzung der natürlichen Ressourcen.

 

Ein beträchtlicher Teil des ökologischen Denkens konzentriert sich auf die moralische Reflexion der globalen Umweltkrise. Aus dieser Reflexion stiegen Konzepte der Ethik der Verantwortung auf, in denen die ökologische Verantwortung in den Vordergrund rückt. In meiner vierten These behaupte ich jedoch, dass die Umweltverantwortung ǀ Verantwortung für die Umwelt eher als eine politische und rechtliche Kategorie begriffen werden muss und nicht als eine moralische und ethische. Diese These ist vor allem im Hinblick auf die Zeitnot, mit der die globale Umweltkrise verbunden ist, konzipiert. Wie nämlich J. Šmajs einwendet, Ethik ist Reflexion und Kritik der Moral, die aus den von ganzen Generationen angehäuften Erfahrungen entstanden ist. Es geht um spontane, oft intuitiv konstituierte Regeln. Obendrein „wirkt die Moral wirksam vor allem nonverbal und ungeschrieben ǀ unprotokolliert“ (Šmajs 2013, 811), also als Bestandteil der Tradition, in der der Einzelne sozialisiert ist. Jedoch schon M. Horkheimer stellte fest, dass die gegenwärtige Entwicklung so schnell ist, dass „Bräuche und Gewohnheiten schon keine Zeit mehr zur Sedimentierung haben. Das Fundament der gegenwärtigen Gesellschaft ändert sich ununterbrochen durch die Eingriffe der Wissenschaft.“ (Horkheimer 1999, 117) Alle Erkenntnisse über den Klimawandel, das Aussterben der Arten, den Wandel der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre und Ozeane und viele weitere Aspekte der globalen Umweltkrise verweisen aber nicht nur auf die Notwendigkeit eines nicht nur grundsätzlichen, sondern vor allem schnellen Wechsels der dominanten Lebensstrategien der Industriezivilisation. Mit anderen Worten, die Menschheit hat nicht die Zeit einiger Generationen zur Aneignung der notwendigen Änderungen in Form eines schrittweisen Wandels der Regeln der Moral.

Diese Erkenntnis erscheint übrigens schon in den Konzeptionen von Arne Naess und Hans Jonas, und das trotzdem beide vor allem für Autoren einflussreicher Konzepte der Umweltethik gehalten werden. In ihren Texten erscheinen nämlich Behauptungen, nach denen es angesichts des Ernstes der zur Abwendung des globalen ökologischen Kollapses notwendigen Änderungen und der Kürze der Zeit, die die Zivilisation zu einer solchen Wende zur Verfügung hat, notwendig ist, über die Erzwingbarkeit der Umweltverantwortung vor allem auf der Ebene des politischen und rechtlichen Zwangs nachzudenken.

Naess spricht zwar von dem Bedarf einer neuen Ethik, aber zum Verstehen der Natur als Voraussetzung und Limit aller menschlichen Aktivitäten führt auch nach ihm eher eine weit gefasste Umweltphilosophie, die ohne eine politische Philosophie nicht denkbar ist, ebenso wie eine den gegenwärtigen Bedrohungen und Problemen adäquate politische Philosophie nicht ohne ein Einschließen der ökologischen Voraussetzungen des Lebens des Individuums  und der Gesellschaft unter ihre Premissen nicht denkbar ist.

Auch Jonas Reflexion der globalen Umweltkrise, ähnlich wie bei Naess, mündet zumindest in Impulsen für eine politische und Rechtsphilophie, was andeutet, dass die Ethik der Pflicht, die in Form des kategorischen Imperativs – „Handle so, dass die Wirkungen deines Handelns mit dem Bestehen eines wirklich menschlichen Lebens auf der Erde vereinbar sind.“ (Jonas 1995, 35) – durch Politik und Recht erzwungen werden muss. Auch Jonas bezweifelte also wahrscheinlich den Erfolg einer freiwillige Einschränkung des Verbrauchs, einer Selbstbeschränkung als Anleitung zur Überwindung der Umweltkrise.

Wie jedoch Josef Šmajs warnt, das Problem ist nicht nur die Krise der Moral und Ethik, sondern auch des Rechts, welches die Tendenz hat, sich dem Kapital zu unterzuordnen (Šmajs 2015, 751) und seine Interessen zu wahren, sodass im Ergebnis häufig die Fortsetzung der Zerstörung der Umwelt faktisch legalisiert wird. „Als ein juristisch zulässiges Vorgehen wird nämlich das bewilligt, was der menschlichen Zukunft schadet – der Raubbau an der nicht durch Gesetze geschützten Erde.“ (Šmajs 2015, 751) Nach Ulrich Beck ist jedoch das Problem noch ernster, da der Nationalstaat als Institution und der Diskurs, der ihm ermöglichte, eine legitime Quelle des Rechts und ein Instrument seiner Durchsetzung zu sein, in der Krise ist. Das transnationale Kapital untergräbt nämlich in den Prozessen der Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung sowohl theoretisch als auch praktisch die legislative Macht der Staaten, deren Überreste es geschickt als sein Werkzeug ausnutzen kann. Gleichzeitig jedoch leiden das transnationale Kapital als auch seine Entscheidungen an einem augenscheinlichen Mangel an Legitimität. Gerade das ist nach Beck die Situation, in der möglich und zugleich notwendig ist, die Politik aufs neue zu erfinden, also zuerst auf theoretischer und zuletzt vielleicht auch auf praktischer Ebene eine Methode zu finden, mit der die Politik wieder die Macht gewinnen könnte, das Recht zu schaffen, das eine demokratische Legitimität hätte und zugleich die Fähigkeit, auch die Aktivitäten der Subjekte zu regulieren, die infolge der Globalisierung der Macht der nationalen Legislative und des staatlichen Machtapparates entflohen sind.

 

Das Reflektieren der Umweltkrise auf politischer und rechtlicher ǀ juristischer Ebene, also ihr Verstehen als Krise der Lebensstrategie (die Produktion der Überproduktion, ihr Kumulieren und Konsumation), transformiert in einen grundlegenden ökonomisch-politischen Imperativ der gegenwärtigen globalen Industriezivilisation – einen Imperativ des Wachstums, durch den das aktuelle ökonomisch-politische System determiniert ist – führt zum Forschen nach seinen philosophischen Ausgangspunkten in der neuzeitlichen politischen Philosophie. Die Legitimität des modernen Staates und seiner Macht, Recht zu bilden und zu erzwingen, stützt sich auf philosophischer Ebene auf die Vertragstheorie. Das Konzept des Gesellschaftsvertrags, das im Rahmen der philosophischen Reflektion der zeitgemäßen Krise des ökonomisch-politischen Systems der frühen Neuzeit auftauchte, erschöpfte dabei meiner Meinung nach nicht seine explanative und auch nicht legitimitierende  Kraft. Die fünfte These spricht also vom Bedarf des Überprüfens der Möglichkeit des Konzipierens eines ökologischen Gesellschaftsvertrags, der einerseits möglich machen würde, in die gesellschaftlichen Institutionen die ökologischen Voraussetzungen und die Grenzen ihrer Existenz einzusetzen [zakomponovať], anderseits würde er versuchen die Möglichkeit der Legitimierung des Konzepts der Menschenrechte zu erhalten, wie das das klassische Konzept des Gesellschaftsvertrags ermöglichte. legitimizovania konceptu ľudských práv, ako to umožňoval klasický koncept spoločenskej zmluvy.

Der Gründer des neuzeitlichen Konzeptes des Gesellschaftsvertrages ist Thomas Hobbes, dessen Philosophie als Reflex der Krise des ökonomisch-politischen Systems, seiner Institutionen und Imperative, der Formen der Legitimitätsgewinnung und der Aufrechterhaltung der Lojalität, die nicht adäquat den zeitgemäßen Problemen und Bedrohungen standhalten konnten, entstand. Die politische Philosophie bemühte sich immer, die Probleme und Gefahren ihrer Zeit zu reflektieren und in Hobbes‘ Fall zugleich auch Vorschläge zu ihrer Lösung anzubieten. (Novosád 2011, 11) Hobbes reflektiert die Situation des Konfliktes um die begrenzten Ressourcen, die die Folge der menschlichen Aktivitäten und Interessen und zugeich der menschlichen Verletzbarkeit sind. Den Menschen gefährdet vor allem der Mensch. Diese Wahrnehmung ist auch für Ulrich Beck, der aus ihrer modifizierten  Gestalt seine Konzeption der Risikogesellschaft ableitet, ein Schlüssel, wenn er behauptet, dass: „Die politische Theorie Thomas Hobbes‘ ist auf dem Satz ‚homo homini lupus, der Mensch ist dem Menschen ein Wolf‘ gegründet. Die politische Theorie der Risikogesellschaft geht [...] von dem geänderten Grundsatz aus: die Menschheit ist der Menschheit ein Wolf [...] Die Menschheit ist Subjekt und Objekt ihres Selbstgefährdens.“ (Beck 2007, 348) Beck hält also Hobbes’ Wahrnehmung – das Selbstgefährden des Menschen – als weiterhin relevant, schiebt ihn nur auf die Ebene der Menschheit. Zugleich verweist er jedoch auf das Paradox, nach dem die Hobbessche Lösung – die Delegierung der Macht, des Bilden des Levitian – für die „Menschheit“ ausgeschlossen ist.  Das Konzept des Souveräns, der außerhalb des Vertrags steht, aber dessen Macht gerade aus diesem Vertrag fließt, ist für die ganze Menschheit nicht geltend zu machen. Überdies die Bedrohungen, denen die Menschheit zur Zeit ausgesetzt ist, schließt das Prinzip der Legitimation der nationalstaatlichen Ordnung aus, denn gerade die Rivalität der Staaten ist eine der Hauptursachen der Bedrohung der Umwelt und der Menschenrechte. Auch darum kann der Gesellschaftsvertrag „weiterhin nicht mehr auf der Anarchie der einzelnen Staaten gegründet sein.“ (Beck 2007, 351)

Hobbes Konzept ist jedoch weiterhin auch darum aktuell, dass wie F. Novosád aufmerksam macht: „Auch wir sind in der Situation, die Hobbes  auf Begriffe übertrug, auch wir leben in einer Periode des Zerfalls der legitimisierenden Praktiken ǀ Praxen: immer schwerer lässt sich für uns begründen, warum bestimmte Dinge nicht geschehen dürften, und das in einer Situation, wo sich der Umkreis unserer Möglichkeiten und Ansprüche radikal ausweitet.“ (Novosád 2003, 11) Es zeigt sich, dass gerade das Motivieren der Begrenzung des Konsums in einer Situation des Wachstums der Möglichkeiten des Konsums und des noch schnelleren Wachstums der Konsumansprüche das Schlüsselproblem ist, da der überwiegende Teil der Formen der Verwüstung der Umwelt ist mit dem Wachstum der Konsummöglichkeiten und -ansprüchen verbunden, die jedoch auf die Knappheit der Ressourcen stoßen.

Nicht nur Hobbes, sondern auch andere neuzeitliche Autoren zogen jedoch die ökologischen Voraussetzungen und Limits der Entstehung und der Existenz des ökonomisch-politischen Systems nicht zu sehr in Betracht. Zu den ersten Autoren, die die ökologische Bedingtheit des politischen und juridischen Systems der Gellschaft thematisierten, gehören so erst Charles-Louis Montesquieu und Jean-Jacques Rousseau. Montesquieu hebt schon beim Abstecken dessen, was er mit „Vom Geist der Gesetze“ meint, hervor, dass die Gesetze der „physischen Natur der Landschaft ǀ des Landes entsprechen müssen; einem kalten, heißen oder gemäßigten Klima; der Qualität des Bodens, seiner Lage und Ausdehnung; der Lebensart der Bauern-, Jagd- oder Hirtenvölker: mit dem Grad der Freiheit, die die staatliche Institution zulassen will, zusammenhängen müssen; mit der Religion der Bevölkerung, mit ihren Neigungen, ihrem Reichtm, ihrer Anzahl, mit den Handelsbeziehungen, den Sitten, den Manieren.“ (Montesquieu 1989, 116) Ähnliches zieht auch Jean-Jacques Rousseau in seiner „Abhandlung über den Ursprung und die Ursachen der Ungleichheit unter den Menschen“ in Erwägung. (Rousseau 2010a) Beide thematisieren also in ihren Abhandlungen über die Prinzipien eines politischen Systems, das persönliche und politische Freiheit, die von einer durch eine Verfassung in die Schranken gewiesene Regierung, ermöglicht wird, zwar den geografischen Determinismus, doch reflektierte die politische Philosophie bis zur nicht fernen Vergangenheit weder die politischen und verfassungsmäßigen Systeme moderner Staaten, noch diese Phänomene tiefer. Gesetze regeln Beziehungen zwischen Menschen, aber diese Beziehungen sind durch natürliche Bedingungen determiniert, wie da sind die Qualität und Ausdehnung des Bodens, das Klima und die Anzahl der Bevölkerung. Daraus sollte folgen, dass wenn sich das Klima, die Bevölkerungsanzahl und die Qualität und Ausdehnung des Bodens ändert, wie das zur Zeit auf der ganzen Welt geschieht, sich auch die Gesetze ändern sollten, bzw. das politische und juridische System. Bisher lässt sich jedoch eher ein hartnäckiges Sinnen und Trachten beobachten, den status quo aufrechtzuerhalten, und das trotz der dramatischen Veränderungen der Umwelt.

Die gegenwärtigen Bedrohungen und Risiken verlangen, bei ihrer Reflexion nicht nur den geographischen, sondern auch den klimatischen  Determinismus des ökonomisch-politischen Systems der globalen Industriegesellschaft in Betracht zu ziehen. Anders drohen, dass die Prinzipien, auf denen dieses System beruht, in immer größeren Widerspruch zum Zustand der Umwelt, der die Entstehung und das Funktionieren dieses System ermöglicht, sein werden.

Das Konzept des Gesellschaftsvertrags hat jedoch auch einen weiteren Aspekt, den man bei dem Streben, den Gesellschaftsvertrag um seine ökologischen Voraussetzungen zu aktualisieren, ausnutzen kann, und damit ist der Naturzustand als Ausgangssituation bzw. Bezugspunkt gemeint. Bemerkenswert ist vor allem Rousseaus Auffassung des Naturzustandes. Einerseits  ist Rousseau Kritiker der Zivilisation und der Idee des Fortschritts. Zugleich ist er sich doch dessen bewusst, dass der Naturzustand, also in seiner Auffassung ein Zustand einer menschlichen Population als kleine Menge und damit auch genügend Ressourcen, schon allein wegen des Wachstums der Population nicht  aufrechtzuerhalten ist. „Dieser Urzustand lässt sich also nicht aufrechterhalten und damit das Menschengeschlecht nicht zugrunde geht, muss es seine Lebensweise ändern. (Rousseau 2010b, 37) Der Naturzustand ist zwar eine Fiktion, eher eine Erklärungshilfe, und Rousseau interessiert sich auch so vor allem für den politischen Zustand, also für das Ordnen der Gesellschaft nach der Entstehung der Zivilisation, aber trotzdem könnte diese Argumentation auch in der Gegenwart dienlich sein. Und das im Fall, wenn der Naturzustand, interpretiert als Periode in der Entwicklung der Menschheit, die durch die gegenwärtige globale Umweltkrise endet, gewesen wäre.  Der Naturzustand wäre so  eine Periode gewesen, in der eine vorteilhafte Umwelt für selbstverständlich gehalten wurde, sodass sie philosophisch nicht reflektiert und rechtlich geschützt werden brauchte. Bei der Reflexion der gegenwärtigen Situation der Menschheit kann man danach wieder feststellen, dass dieser Urzustand sich also nicht aufrechterhalten lässtund damit das Menschengeschlecht nicht zugrundegeht, muss es seine Lebensweise ändern.

Aus heutiger Perspektive kann man den Naturzustand als eine Situation ansehen, in der bei der Überlegung über die Prinzipien des Ordnens der politischen Gesellschaft war es möglich, ausreichend Boden, Trinkwasser Luft zum Atmen und langfristig stabile klimatische Verhältnisse zu haben, als Selbstverständlichkeit anzusehen. Durch den Einfluss des erweiterten Industrialismus und Urbanismus ging die Selbstverständlichkeit der Zugänglichkeit dieser Aspekte der ökologischen Sicherheit verloren. Daher verließ die Menschheit den Naturzustand und betrat den Gesellschaftszustand, in dem der Schutz des Wassers, des Bodens, der Luft und des Klimas legislativ oder vollends verfassungsmäßig verankert, und damit politisch nicht nur thematisiert, sondern auch organisiert werden muss. Das ist um so schwieriger, da der Boden eingezäunt werden kann, wie darauf Rousseau verweist, und damit sozusagen privatisiert und also alle anderen von seiner Nutzung ausgeschlossen werden können, aber im Falle der zum Leben notwendigen Luft  und eines stabilen Klimas ist das nicht möglich. Wenigstens bisher. In vorstaatlichen Gesellschaften jedoch hatte der Boden nicht einmal einen privaten Besitzer, aber schon seine Nutzung, z.B. durch nur einige Familien führte zur Vertiefung der Ungleichheit, die sich später mit der Entwicklung des Privateigentums an Boden, z.B. im Prozess der Einhegung und dem In-Anspruch-nehmen ursprünglich gemeinschaftlicher Grundstücke vergrößerte [fehlt im Original]. Schon Rousseau war sich dabei bewusst, dass die Quelle der Ungleichheit der Mangel an Boden für alle. Mit wachsender globaler Population wird dieses Problem und mit ihm auch die Ungleichheit nur vertiefen. Dabei reicht es nicht mehr als wichtige Quelle nur den Boden und das Wasser anzushen, sondern auch ein stabiles Klima (Stehr/Storch 2014, 17-54)  und wie die immer häufiger auftretenden Smogalarmein den großen Metropolen zeigen, auch schon atembare Luft.

Wenn wir nämlich den methodologischen Nationalismus (Beck) verlassen und auf das Problem global schauen, sehen wir, dass die Oberfläche der Erde grob 51 Miliarden ha  ausmacht, davon sind real ungefähr 11,9 Mld. ha real nutzbar. Das heißt, dass bei 7,3 Mld. Bewohnern der Erde auf jeden Einzelnen ungefähr 1,8 ha der Erdoberfläche entfällt, auf der das Wohnen, der Verkehr, die Produktion, das Auf-Lager-halten von Waren und das Ablagern von Abfällen und auch die Produktion von Nahrungsmitteln, aber auch von Sauerstoff gewährleistet  werden soll. Diese Überschläge ziehen jedoch nicht die räumlichen und anderen Bedürfnisse aller übrigen lebendigen Geschöpfe, deren Lebensraum die Menschheit wortwörtlich jeden Tag beschränkt, in Erwägung. Es geht dabei um einen Raum, der für das Aufrechterhalten eines minimalen  Niveaus der Biodiversität, die für eine langfristige Haltbarkeit des Lebens auf dem Planeten erforderlich, notwendig ist.

Im Zusammenhang mit der Vertiefung der sozialen Ungleichheit im Zeitalter des Klimawandels verweist so auf Rousseaus  „Abhandlung über die Ungleichheit“ auch Ulrich Beck. (Beck 2010b, 173) Er bekennt sich auch zu Rousseaus Projekt des Gesellschaftsvertrages, wenn er sich auf Rousseaus Erklärung auf die Art und Weise, durch welche „die Menschen, soweit sie den Naturzustand überwinden wollen, mittels des Gesellschaftsvertrags zur Freiheit und Identität im Volke ǀ  in der Gemeinschaft gelangen können,“ beruft. (Beck 2015b, 80) In seiner Reflexion der Eurokrise und der europäischen Integration, bzw. der noch weiteren Reflexion der Weltrisikogesellschaft sieht Beck in dem Konzept Rousseaus eine Inspiration für den weiteren Verlauf. Trotzdem dass Rousseau ein Theoretiker des Anordnens kleiner Gesellschaften war, ist es nach Beck möglich bei ihm eine Inspiration für den Inhalt und die Art und Weise der Durchsetzung transnationaler gesellschaftlicher Verträge zu suchen.  „Jetzt, am Anfang des 21. Jahrhunderts stellt sich vor uns die Aufgabe, den nationalen Zustand zu überwinden und zu einem europäischen Gesellschaftsvertrag zu gelangen,“ (ebd.)  da die gegenwärtigen globalen Bedrohungen und Risiken nach Beck nicht mehr auf der Ebene des Nationalstaates zu lösen sind.

 

Die sechste These stellt die ökologische Verantwortung mit der ökologischen Sicherheit,  die sie als ein öffentliches Gut begreift,  in einen Zusammenhang. Wie andere Arten der Sicherheit, auch der Sicherstellung dieser ökologischen hält sie es für eine der Hauptaufgaben der Institution des Staates, bzw. der öffentlichen Macht. Infolge der Globalisierungsprozesse kamen die Staaten jedoch um einen Großteil ihrer Möglichkeiten, ihrer Bevölkerung Sicherheit auf allen Gebieten zu bieten. Die Unfähigkeit oder die Bosheit der Staaten, die ökologische Sicherheit vor allem in der Zugänglichkeit des Wassers und der Nahrungsmittel zu sichern, destabilisieren die Gesellschaft und delegitimieren die herrschenden Eliten oder ganze politische Regime. Die Risiken, die der Klimawandel darstellt, zeigen jedoch klar das Bedürfnis der Durchsetzung transnationaler Normen und Regulationen. „Dadurch gewinnt wieder das an Wert, was in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwertet wurde: der Staat und die Politik: Es ist gerade das Gegenteil neoliberalen Dekonstruktion wünschenswert: ein starker Staat, damit eine übernationale Regulierung des Marktes nach innen und nach außen  möglich ist.“ (Beck 2007, 136) Zugleich stellt Beck fest, dass die drohenden Katastrophen den Nationalstaat annagen. (Beck 2015b, 38) Dabei geht es nicht mehr um Krisenerscheinungen, also vorübergehende, zur Bewältigung derer der moderne Staat spezialisierte Institutionen bildet. Nach Beck hat in der Risikogesellschaft das Risiko aufgehört eine Krise zu sein, also eine Ausnahme oder ein Übergangszustand, sondern ist „eher ein Normalzustand geworden, und damit auch ein Motor der großen Transformation der Gesellschaft und Politik.“ (Beck 2015b, 39) Das Risiko als dauernde, aber zugleich unbestimmte Bedrohung bildet so gleichzeitig die Voraussetzungen der Transformation, weil „dort, wo das öffentliche Bewusstsein von der Erwartung einer Katastrophe bestimmt ist, sich die Grundlage der Gesellschaft und der Politik ändert, die alten Institutionen sind nicht mehr in der Lage die wirklichen Probleme zu lösen, die Regeln können, ja müssen geändert werden. (Beck 2015b, 41) Zu diesen Institutionen gehört nach Beck auch der moderne Staat selbst. Im Zusammenhang mit der Krise Europas, unter der er vor allem die Eurokrise und die Schuldenkrise im Jahre 2012  konstatiert er jedoch zu gleicher Zeit, dass „die Mitgliedsstaaten sind Schlüsselakteure bei der Bewältigung der Krise,“ (ebd.) was sich noch mehr durch die Migrationswelle, mit der die EU im Jahre 2015 konfrontiert war, bestätigt hat. Gerade diese Ereignisse und die Art und Weise, wie die EU versuchte zu  reagieren, zeigen die Begründetheit der Frage, die Beck noch im Kontext der Eurokrise stelle: „Wie kann man eine transnationale Zusammenarbeit auf demokratischem Weg erreichen?“ (Beck 2015b, 42) Noch nachdrücklicher wird es nötig sein, eine Antwort auf diese Frage im Zusammenhang mit der Bemühung, den Klimawandel  zu mildern, zu formulieren,  weil es immer klarer ist, dass freiwillige und faktisch nicht  erzwingbare Verpflichtungen der Staaten im Bereich Senkung der Produktion von Treibhausgasen sind als Instrument zur Abschwächung der Intensität und der Folgen des Klimawandels nicht ausreichend. Insbesondere wenn alle übernationalen Ölkonzerne planen, mit der Suche nach neuen Lagerstätten von Öl und Gas fortzufahren  und Technologien zu entwickeln, die die Förderung in Lagerstätten, die bisher nicht zugänglich waren, ermöglichen.

Beck setzt dabei seine Hoffnung auf einen „emanzipatorischen Katastrophismus“. Er setzt nämlich einen verborgenen emanzipatorischen Nebeneffekt des globalen Risikos voraus, welcher gerade der Klimawandel ist, wobei er darauf aufmerksam macht, dass unwillkürliche Nebenfolgen nicht nur negativ, sondern auch positiv sein können. Gerade diese produzieren seiner Meinung nach normative Horizonte des ‚öffentlichen Guts‘. Nach Beck geben „uns gerade die globalen Risiken – wie der Klimawandel und die Finanzkrise – eine neue Orientierung, einen neuen Kompass für das 21.  Jahrhundert,“ (Beck 2015a, 79) und das dadurch, dass die Antizipation der globalen Katastrophe heilige (ungeschriebene) Normen der menschlichen Existenz und Zivilisation zerstöre, was einen anthropologischen Schock, der zu guter Letzt zur gesellschaftlichen Katharsis führe, hervorrufe. Der anthropologische Schock vor der Katastrophe bildet nach Beck einen „kosmopolitischen Moment“, in dem möglich ist, nicht mehr funktionierende oder ineffektive Institutionen und Imperative durch neue, die der Form der Risiken, denen die Menschheit konfrontiert ist, adäquat sind, zu ersetzen. Im Fall des Klimawandels müsste es jedoch um eine Katastrophe solchen Ausmaßes, das schon direkt das Überleben der Menschheit als Ganzes bedroht werden würde, handeln.

Fürs erste aber existiert  keine  Verfahrensweise zu verhüten, dass Staaten,  die das Ziel des Wachstums des Wohlstandes seiner Bevölkerung, also des Wachstums der Produktion und des Verbrauchs, durch die Erhöhung der  Emissionen der Treibhausgase nicht das physische Überleben nicht nur der noch überlebenden Tier- und Pflanzenarten, sondern auch der Staaten und ihrer Bewohner, denen schon heute der Klimawandel die ökologischen Voraussetzungen des nackten Überlebens abnimmt, bedrohen.

 

Die letzte These deutet auf den Zusammenhang des Konzeptes der Menschenrechte mit der Kondition und den Möglichkeiten der Natur und der Landschaft, wo sich die Kämpfe um Menschenrechte und Freiheit abspielen, hin. Sie geht dabei  von der Behauptung aus, dass die Krise der globalen Industriezivilisation primär ausgerechnet die Menschenrechte und die Freiheit bedroht, weil ihre Anerkennung und Verbreitung ihrer Zugänglichkeitnur dank der Entstehung des modernen Staates, der durch die Konzeption des Gesellschaftsvertrags legitimisiert ist, möglich war. In der gegenwärtigen Krise ist nicht nur das biologische Überleben des Menschen als Tierart, sondern auch die Erhaltung der Zivilisation bedroht. Unter der Erhaltung der Zivilisatiionn verstehe ich nicht nur die Erhaltung des erreichten Niveaus der wissenschaftliichen und technischen Erkennttnis, sondern wenigstens  auch  das gegenwärtige Niveau der Anerkennung und realen Zugänglichkeit der Menschenrechte und Freiheiten.  Das Konzept der Menschenrechte verpflichtet die Staaten nämlich mittels internationaler Verträge unter anderem dazu,  dass sie die Bedingungen zur Erfüllung und zum Schutz nicht nur des Rechts auf Leben, sondern auch des Rechts auf Wasser, Nahrungsmittel und Wohnen herstellen. Die sich vertiefende globale Umweltkrise bedroht jedoch gerade die Bedingungen zu Erfüllung und Schutz dieser Rechte, was nach meiner Meinung aus der Verantwortung für die Umwelt eine fundamentale Frage des politischen und juridischen Denkens macht. Der Ökologismus als Denkweise über Mensch und Gesellschaft Im Bezug auf eine gegenseitige Bedingtheit zur Umwelt, sehr ich darum nicht als eine Bedrohung des Konzeptes der Menschenrechte und der Freiheit, sondern im Gegegnteil als Zugang, der seine Erhaltung als als eine der Voraussetzungen der Überwindung der globalen ökologischen Krise möglich macht. Ich begreife es als neue Form des Humanismus, aufgefasst als langanhaltender Kampf um Emanzipation ud gegenseitige Anerkennung der menschlichen Wesen, der seinen Ausdruck gerade im Konzept der Menschrechte fand.

Über den Humanismus als Chancen zu überleben sprach Erich Fromm schon in einer Vorlesung im Jahre 1961, also noch zu einer Zeit, wo als größte Bedrohung die Möglichkeit der Selbstvernichtung der Menschheit durch Atomwaffen gehalten wurde und der Begriff der ökologischen oder Umweltkrise noch auf seine Entdeckung wartete. Erich Fromm konstatierte damals, dass: „Die moderne Industrie und Wirtschaft entwickelte sich faktisch so, dass die Voraussetzung des Funktionierens beider der Mensch ist, der zum Verbraucher │Konsumenten wird, der so wenig wie möglich Individualität hat und bereit ist, auf eine anonyme Autorität zu hören, wobei er der Illusion erliegt, das ser frei sei und keiner Autorität unterliege.“ (Fromm 2001, 112) Nach Fromm „existiert heute sogar für den modernen Menschen und den Menschen auf dieser Erde überhaupt nur die Alternative zwischen Barbarei und der Renaissance des Humanismus,“ im gleichen Atemzug fügt er jedoch hinzu. Dass „die Renaissance des Humanismus möglich ist, denn es liege alle ihre Voraussetzungen vor. Die materiellen Voraussetzungen sind gegeben, den Tisch können wir für alle decken, kein Teil der menschlichen Rasse muss von ihm ausgeschlossen werden. Zum ersten Mal wurde die Idee einer Menschheit Realität. Historisch erst eine sehr kurze Zeit muss der Mensch nicht mehr den grössten Teil seiner Kräfte der Beschaffung von Nahrungsmitteln widmen wie ein Tier, sondern kann die Entwicklung seiner Kräfte als Selbstzweck begreifen. (Fromm 2001, 116) Aus heutiger Sicht sehen wir, dass sich Fromms Erwartung nicht erfüllte.  potravy ako zvieratá, ale môže chápať rozvoj svojich síl ako samoúčel“ (Fromm 2001, 116), tvrdí Fromm. Z dnešného pohľadu vidíme, že Frommove očakávania sa nenaplnili. Wenigsten bisher setzt sich die Vertiefung der sozialen Ungleichheit fort, und das so im Rahmen einzelner Staaten wie auch im Weltmaßstab. Zumindest auf theoretischer Ebene kann man jedoch von einem breiten, vielleicht sogar wirklich weltweiten Akzeptieren des Konzeptes der Menschenrechte als essenziellen Aspekt des Humanismus sprechen. Wie jedoch Ulrich Beck aufmerksam macht, stoßen die wachsenden Erwartungen der Gleichheit als Folge der Akzeptierung des Konzeptes der Menschenrechte auf die wachsende globale und innerstatliche Ungleichheit, vor allem mit „den radikal ungleichen Folgen des Klimawandels und des Ressourcenverbrauchs. Es vertieft sich der Konflikt, der aus den wachsenden Erwartungen und der gleichzeitigen Verminderung der Möglichkeiten ihrer Realisierung oder sogar dem Verlieren der grundlegenden Voraussetzungen ihrer Realisierung infolge der fortschreitenden Vernichtung ǀ Devastierung der Umwelt, fließt.

Anders gesagt, das Recht auf Leben als grundlegendes Menschenrecht ist immer weniger denkbar und realisierbar ohne das Recht auf eine günstige Umwelt, welches das Recht auf atembare (dýchateľný) Luft, Trinkwasser und wenigstens ein Minimum an Grundnahrungsmitteln und einen minimalen Lebensraum einschließt, was schon die Deklaration der UNO über die Umwelt des Menschen, angenommen in Stockholm 1972 konstatiert. (UN 1973, 3) Das Streben nach der Realisierung dieser Rechte stößt jedoch auf die Endlichkeit der Ressourcen, ohne die diese Rechte nicht realisierbar sind. Das Recht auf Wasser und das Recht auf Lebensmittel, ebenso wie das Recht auf Wohnen sind zwar in den internationalen Verträgen, die sogar den Staaten die Pflicht auferlegen, diese Rechte nicht nur zu respektieren und zu wahren, sondern sie auch zu erfüllen, verankert, doch die fortschreitende Degradierung der Umwelt (Steffen et al 2015) und die Erschöpfung der Ressourcen des Wassers und der Fruchtbarkeit des Bodens reduzieren fortschreitend die Möglichkeit der Staaten diese Rechte zu erfüllen und zu wahren. Die Staaten und die durch sie gebildeten internationalen Organisationen und nicht einmal die transnationalen Korporationen haben dabei bisher ihre grundlegenden Organisationsimperative geändert, vor allem den Imperativ des Wachstums, deren Aplikation einen Beitrag dazu leistet, dass die Möglichkeiten der Erfüllung der oben erwähnten  Menschenrechte immer begrenzter sind. Die sinkende Fähigkeit der Staaten, die Verpflichtungen und Erwartungen, die aus der Verankerung des Konzeptes der Menschenrechte in ein Verfassungssystem, zu erfüllen, wird die politische Legimität bedrohen und damit auch die Stabilität der Staaten, und sogar auch dieser, die bisher über eine ausreichende technologische und ökonomische Macht, die es ihnen möglich machte, ihren Bürgern ein relativ weiten Umfang an militärischer und ziviler Sicherheit zu bieten, verfügten. Doch der wachsende negative Einfluss des Klimawandels auf die Fähigkeit der Staaten, das Recht seiner Bevölkerung auf Wasser und Lebensmittel zu erfüllen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Versuchung der staatlichen und nicht staatlichen Akteure erhöhen, ihre Sicherheit (an Rohstoffen, Energie und Lebensmitteln) auf Kosten anderer sicher zu stellen, bzw. sie nur seiner Bevölkerung oder sogar nur einem Teil von ihr anzubieten. Gerade vor einer solchen Renationalisierung warnt Ulrich Beck wiederholt. Die ersten Opfer einer solchen Einstellung sind dabei die Umweltflüchtlinge, aber auch die Gruppen der sozial ausgeschlossenen in den Ländern des reichen Nordens. Wie M. Hrubec feststellt: „Eine nicht zu übersehende Seite der Menschenrechte ist jedoch nicht nur ihre Formulierung, sondern auch ihrer in gegebenen historischen Kontexten gegebene Durchsetzung.“ (Hrubec 2011, 377) Die reale Durchsetzung der Menschenrechte würde im Hinblick auf die beschriebenen Bedrohungen eine radikale Umwertung der wirtschaftlichen und politischen Prioritäten, ebenso wie der technischen Normen und der technischen Verfahren. Die Alternative zu dieser prinzipiellen Umwertungen ist die fortschreitende ǀ allmähliche Resignation und Aufgabe des Konzeptes der Menschenrechte, bzw. die Transformation einiger Menschenrechte in Privilegien, die nur einem Teil der Bevölkerung zugänglich sind. In der Atmosphäre hoher Erwartungen, die das Konzept der Menschenrechte im letzten halben Jahrhundert auf der ganzen Welt geweckt hat, wäre jedoch die Legitimierung einer solchen Transformation nur sehr schwer zu begründen.

Man kann jedoch beanstanden, dass das Konzept der Menschenrechte von der Tradition des Humanismus, die bis zu den römischen Stoikern reicht, ausgeht, ebenso wie die Mehrheit der bekannten Formen der Organisation der Gesellschaft, in denen sie verwirklicht  werden kann, die Demokratie eingeschlossen, zu anthropozentrisch ist und darum einen wirklichen Ausweg aus der Umweltkrise zu finden nicht möglich macht. Denker, die die globale Umweltkrise reflektieren, verweisen größtenteils darauf, dasss die existierenden Formen der Organisation der Gesellschaft oder sogar das ökonomische, soziale und politische System der Industriegesellschaft selbst auch mit seinen negativen Einflüssen auf die Umwelt eine Folge des anthropozentrischen Ausgangspunktes ist. Der Ausweg aus der Krise sollte die Überwindung des Anthropozentrismus sein.  Wie jedoch D. Špirko aufmerksam macht, die Transformierung einer überwiegend anthropozentrischen Ethik in eine nicht anthropozentrische (biozentrische) würde eine Ablehnung der humanistischen Traditionen, die eine Selektion des Menschen aus der Natur und damit seinee gesellschaftliche Emanzipation und schließlich möglich gemacht hat, den Status eines Subjektes, das über Menschen- und Bürgerrechte verfügt, zu erwerben, bedeuten. Špirko deutet darauf hin,  dass „die Knechtschaft | Sklaverei in seinen ältesten Formen nur unter den Bedingungen eines solchen gesellschaftlich-ethischen Konzeptes, das den Menschen noch nicht aus der Natur ausgliederte und ihn  mit anderen lebenden Geschöpfen gleichsetzte, entstehen konnte.“ (Špirko 1996, 109) Nach Špirko „war gerade die nicht anthropozentrische Ethik die Voraussetzung für die Entstehung der sozialen Ungleichheit und Unfreiheit“ (Špirko 2011, 15), da „die Sklaverei eigentlich unmittelbar auf die Domestikation einiger Tierarten erschien und vielleicht gleichzeitig mit ihr. (Špirko 2011, 14) Dagegen stellte gerade „der anthropozentrische Humanismus den Weg zur Emanzipation des Menschen vom Menschen dar.“ (Špirko 1996, 110) Aus diesem Blickwinkel ist dann der Humanismus „das Ergebnis einer langanhaltenden Anstrengung zur gegenseitigen Gleichberechtigung menschlicher Geschöpfe, zur Verneinung der Sklaverei und jeder anderen Form der Unterdrückung, Erniedrigung und Knechtschaft des Menschen durch den Menschen, die in der Geschichte der menschlichen ans Licht gekommen war.“ (Špirko 2011, 14) Špirko äußert also die Befürchtung, dass „das nicht anthropozentrische Konzept der Ethik bei aller proklammierter ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘ - wenn es um das Leben als solches geht – zum Ausgangspunkt und zur Rechfertigung verschiedener Formen des ökologisch motivierten ‚Holocaust‘ werden kann.“ (Špirko 1996, 111) In der gegenwärtigen Situation, wo sich die soziale Ungleichheit so bedeutend vertieft, dass immer häufiger Vorschläge zum Verlassen des Verfassungsprinzips der bürgerlichen Gleichheit erscheinen und anstelle humanistisch motivierter Solidarität mit den Umweltflüchtlingen breiten sich antmigrantische Stimmungen aus, die eher Maßnahmen befürworten, die die Ankunft derer,  die vor Trockenheit, Hunger und steigender Seuchen flüchten, verhindern sollen, und das auch in Ländern mit tiefen demokratischen Traditionen, ist eine solche Entwicklung überhaupt nicht unvorstellbar.

Wenn also wenigstens das heutige Niveau  der Anerkennung und Respektierung der Menschenrechte, müsste die Begrenzung des Verbrauchs in den entwickelten Ländern demokratisch legitimiert werden, dies ist nach meiner Meinung durch das Prinzip der Gleichheit im Sinne des Ideals Rousseaus als freier Gesellschaft von Gleichen. Also eine Gleichheit nicht nur im  politischen und juridischen Sinne.sondern auch im Sinne des Zuganges zu den grundlegenden Ressourcen des Lebens, zumindest zum Wasser  und zu  Lebensmitteln. Zum Prinzip der sozialen, politischen und kulturellen Gleichheit, wie sie M. Hrubec (Hrubec 2011) analysiert, müsste also das Prinzip der ökologischen Gleichheit hinzugefügt werden. Wie jedoch A. Krsková betont, „die grundlegenden Rechte auf Freiheit und Autonomie sind dem Limit untergeordnet, welche die  Freiheiten der anderen und das Gut der Gesellschaft bildet.“ (A.  Krsková 2000, 333) Die Anerkennung der Gleichheit auf der sozialen, politischen und kulturellen Ebene sollte also zum Eingeständnis zuständiger Rechte für jedes Individuum führen, aber nur bis zum Niveau der gemeinsamen Umweltressourcen, bzw. ihres ertragbaren Verbrauchs, dessen Niveau nicht weiter die Auflösung der natürlichen Systeme des Planeten vertiefen wird. Gerade die Auflösung des planetaren Ökosystems nämlich raubt die Freiheit und die Autonomie, oder sogar die fundamentalen Vorausetzungen der Aufrechterhaltung des Lebens, von immer mehr Menschen an verschiednen Orten des Planeten.  

Das Prinzip der Gleichheit zieht jedoch der vorherrschende entgegengesetzte Trend – die Vertiefung der Ungleichheit primär auf sozialer Ebene jedoch auch auf der politschen und rechtlichen und schließlich auch der ökologischen Ebene in Zweifel (spochybňovať). Die fortschreitende Vertiefung der Ungleichheit wird die Lösung, die von der Aplikation des Prinzips der Gleichheit ausgeht, nicht nur darum verhindern, dass der übermäßige Verbauch immer reicherer Minderheiten die Quellen zur Saturierung ǀ Sättigung der grundlegenden Bedürfnisse den Ärmsten, die schon jetzt aus globaler Sicht die Mehrheit bilden, raubt, aber auch deswegen, dass der übermässige Verbrauch einer kleinen Gruppe immer die Bestrebung, sich mit ihr abzufinden, motiviert und herausfordert.

Die Losung Nikita S. Chruschtschows „Einzuholen und zu überholen“ (den Westen in Produktion und Verbrauch) gewann so weltweite Gültigkeit und es lässt sich sagen, dass sich davon die Regierungen der meisten Länder lenken lassen. Die Prinzipien des Wettkampfes und der Konkurrenz vervielfachen dann nur die devastierenden (devastačné) Effekte des so motivierten Handelns auf die Gesellschaft und die Umwelt. Wenn die Gleichheit einer der Ausgangsprinzipien der gesellschaftlichen Organisation, die fähig sein könnte, die globale Umweltkrise zu überwinden, sein soll, wird es nicht nur notwendig sein, die anhaltende und sich vertiefende Unglichheit zu erklären, sondern auch Argumente zu Gunsten von Institutionen, die die Ungleichheit verringern, zu konzipieren, und auch ihre weltweite Durchsetzung zu versuchen. Ansonsten droht, dass das Ergebnis des fortschreitenden elementaren Wachstums der globalen Industriegesellschaft nicht nur eine nicht erneuerbare schwer beschädigte Umwelt sein wird, sondern auch eine dehumanisierte Gesellschaft, die nicht im Einklang mit dem Konzept der Menschenrechte organisiert ist, im Einklang mit dem Recht des Stärkeren, das die Gleichheit nicht als Ideal begreift.

 

Den Umweltschutz | den Ökologismus | den Environmentalismus kann man so als eine neue Form des Humanismus begreifen. Der Humanismus im Sinne eines langanhaltenden Kampfes um Gleichberechtigung, um gegenseitige Anerkennung, die von den Erfahrungen der Nichtanerkennung und Erniedrigung ausgehen (Honneth 1997), fand seinen Ausdruck gerade im Konzept der Menschenrechte. Die neue Perspektive, die der philosophischen Reflexion die globale Umweltkrise eröffnet, zeigt jedoch auf den Bedarf, den Humanismus neu zu definieren und seine Bedeutung gerade um seine Umweltverantwortung für die Folgen der individuellen Lebensstrategien und die der Gruppen. Es geht nämich nicht nur um die Bewahrung des Lebens und seiner Voraussetzungen, sondern auch um die Bewahrung der menschlichen Würde, Autonomie und Integrität der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen. Der Umweltschutz verweist darauf, dass die Verneinung der Menschlichkeit, die Missachtung anderer als  ebenbürtig und gleichwertig nicht nur die Form der Ausschließung aus der Gemeinschaft, der sozialen Deprivation, der Unfreiheit und Sklaverei hat, sondern auch eine indirekte Form hat, welche die Verwüstung der Umwelt und Verschmutzung und der Erschöpfung der für das Leben unentbehrlichen Ressourcen ist. Das erfolgt häufig aus der Entfernung, ohne direktes persönliches Engagement oder Absicht. Zum Beispiel in der Form ungewollter Nebeneffekte des Bemühens nach Erhöhung des Lebensstandards durch Produktionswachstum und Erhöhung des Verbrauchs, welche oft die Senkung des Lebensstandards anderer Menschen bedeuten, häufig bis tief unter die Grenze der Menschenwürde, wohin infolge des Klimawandels oder der Ausplünderung der Biotope immer mehr Menschen gelangen. Auch auf diesem Gebiet sollte gelten, dass das Einfordern der eigenen Rechte ebenso zur Respektierung und Anerkennung der gleichen Rechte für die anderen führen sollte. Die Anerkennung des Rechts auf eine günstige Umwelt bzw. des Rechts auf Wasser, Verpflegung und Obdach ist Ausdruck des Humanismus als Ideal, dessen Erfüllung außergewöhnliche gesellschaftliche und ökonomische Aufwendungen erfordert. Auch diese werden jedoch nicht ausreichend sein,  solange das gegenwärtige Modell des Funktionierens der Industriezivilisation weiterhin die planetare Umwelt und Biodiversität zerstören wird.

Übersetzung©Stephan Teichgräber

 

 

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Author

Richard Sťahel

Richard Sťahel, PhD.

 
Environmentalizmus ako nová forma humanizmu