Vortragszyklus zur Geschichte und Entwicklung der slowakischen Literatur im 19. Und 20. Jahrhundert

Vorlesungszyklus zur Geschichte und Entwicklung der slowakischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts

• Vorlesungszyklus zur Geschichte und Entwicklung der slowakischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts - gemeinsam mit der Slowakischen Akademie der Wissenschaften und der Fakultät der Nederlandistik an der UNI Wien– Beginn März 2009
Diese Vorlesung stellen wir in den Zusammenhang der Literaturwissenschaft in Mitteleuropa, zu der wir regelmäßig Vorträge in der Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur veranstalten. Die slowakische Literatur und Literaturwissenschaft ist in Österreich verhältnismäßig unbekannt, sodass dies auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit österreichischen Literaturwissenschaftlern und Kulturwissenschaftlern behindert. Die slowakische Literaturwissenschaft verfügt nicht nur über eine starke international beachtete Tradition. Jan Mukařovský baute mit anderen slowakischen, tschechischen und russischen Wissenschaftlern die slowakischen Kulturwissenschaften in den dreißiger Jahren auf. Daraus gingen Wissenschaftler wie Mikuláš Bákos hervor und der Strukturalismus lebte bis Anfang der fünfziger Jahre in Bratislava fort. Da es auch heute in Bratislava einen interessanten Stamm an interessanten Literaturwissenschaftlern gibt, wollen wir sie durch diesen Zyklus in Wien und Österreich, aber auch international bekanntmachen. Dabei geht es einmal um die slowakische Literatur als solche, zum anderen um die Vorstellung der aktuellen kulturwissenschaftlichen Methoden der Wissenschaftler.
Die slowakische Literatur wird sehr stark von der Dominanz der Romantik geprägt, sodass diese Epoche oft von Außen als die Geburtsstunde der slowakischen Literatur angesehen wird und die Zeit davor leicht aus dem Blick gerät. Doch wie sah die Literatur in der Zeit der josefinischen Reformen in der Slowakei aus und wie verlief die Entwicklung zwischen 1790-1830? Wie wird nun die Weltanschauung und die Vorstellung über die Bestimmung des Menschen in der Literatur konstruiert?
Der slowakische Strukturalismus wurde nicht nur von Literaturwissenschaftlern, sondern auch von Linguisten und Ethnologen wie Petr Bogatyrev geprägt. So ist der Beitrag der Folkloristik für die Literaturwissenschaft eine wichtige Aufgabenstellung, die noch durchgeführt werden muss. So beschäftigt sich eine Wissenschaftlerin in dem Vortragszyklus mit der Bedeutung und Wirkung des Märchens in der slowakischen Romantik.
Vor der Entwicklung der Identität einer slowakischen Nationalkultur lag eine Phase, die eher panslawischen ausgerichtet war und die Slowaken und die Slowakei als Zentrum der slawischen Welt sahen. Einen ähnlichen Messianismus gab es auch in der polnischen und russischen Literatur und Kultur, wobei der slowakische Panslawismus weniger die nationale Komponente betonte, sondern sich um eine Synthes der slawischen Kulturen bemühte.
In dem Vortragszyklus werden die Wissenschaftler auch auf einige zentrale Gestalten der slowakischen Literatur eingehen, die auch ihren Stellenwert in der mitteleuropäischen Geistesgeschichte haben und auch dort neu verortet werden müssen. So geht es nicht nur darum, die Bedeutung einer Person wie Svetozar Hurban Vajanský für die slowakische Literatur herauszuarbeiten, sondern auch seine Bedeutung für die österreich-ungarische Kultur und für die Vorbereitung der tschechoslowakische Kultur.
Das Fin de siècle, der Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert stellt auch in der slowakischen Literatur eine Epochenschwelle dar in der ein neues Lebensgefühl und eine neue poetische Sprache auf den Plan tritt; es treten zwei Seelen in der Poesie der Moderne auf und ebenso zwei Gestalten des lyrischen Subjektes; der Zeitbegriff wird in der Poesie der slowakischen Moderne neu bestimmt. Wie wird die Moderne von der slowakischen Literaturwissenschaft definiert und welche Strömungen gibt es in ihr? In welchem Verhältnis steht die Moderne zur Avantgarde und wie sehen die Poesiemodelle der Moderne und der Avantgarde aus? Der Symbolismus präsentiert einen grundlegendes Verfahren in der Poesie des Fin de siècle. Die Prosa der slowakischen Moderne im Vergleich zur realistischen Prosa, deren Vertreter Ivan Krasko, Ľudmila Groeblová und Janko Jesenký.
Eine der wichtigsten Gestalten der Zwischenkriegszeit war Ladislav Novomeský, dessen Poesie vom tschechischen Poetismus beeinflusst war. In der Dramatik knüpfte man in den 90-iger Jahren an die Avantgarde der dreißiger Jahre an, die in eine Art Winterschlaf verfallen war. In den Vorlesung wird auch nach der literarischen Entwicklung der Zwischenkriegszeit gefragt, die einerseits zum Nadrealismus und andrerseits zur Katholischen Moderne führte.
In den fünfziger Jahren war das Verhältnis zwischen Literatur und Politik voller Spannung und das kurzfristige Tauwetter führte zu Werken, die das herrschende System in Frage stellten. (Dominik Tatarka, Demon súhlasu) Der Slowakische Nationalaufstand wurde in dieser Zeit zu einem Kristalisationspunkt dieser Umwertung, so wurden die Gegner des Nationalaufstandes genauso verfolgt wie einzelne Teilnehmer des Aufstandes, die zu angeblichen Gegern erklärt wurden.
Im Vordergrund wird auch die Erfassung der Modifikationen der „weiblichen“ Poesie, der weiblichen Literatur, die von der Frauenliteratur abgegrenzt werden kann, und der Literatur in der Slowakei insgesamt stehen. Bei jeder einzelnen Autorin wird diese im zeitlichen Zusammenhang mit den anderen Dichtern und Schriftstellern diskutiert werden, um sie nicht aus dem synchronen Kontext zu reißen.
Die sechziger Jahre gelten in der slowakischen Literatur als eine der produktivsten und künstlerisch wertvollsten Periode, obgleich einige Autoren erst nach 1989 ihre Texte aus dieser Zeit veröffentlichen konnten. In den sechziger Jahren kommt es zu einem klaren Abrücken vom Schematismus der fünfziger Jahre, der die klassische Phase des Sozialistischen Realismus bildet. In den sechziger Jahren treten zahlreiche Autoren auf, von denen nicht alle hier genannt werden können. So sollen nur einige die anderen vertreten, so Rudolf Jašíks schon Ende der 50-iger Jahre erschienenes Buch „Platz der heiligen Elisabeth“ und Vladimír Mináčs Triologie „Generation“. Unter den neu auftretenden Autoren sind Pavel Hrúz, Vincent Šikula, Peter Jaroš, Ladislav Ballek, Ján Jonáš.
In den siebziger Jahren schrieben wieder viele Autoren für die Schublade wie Anton Baláž, Jaroslava Blažková, Pavel Hrúz, Anton Hykisch, Ivan Kadlečík, Peter Karvaš, Mikuláš Kováč, Ladislav Mňačko, Dominik Tatarka, Pavel Vilikovský, und zum Teil Alfonz Bednár, Ivan Laučík, Štefan Moravčík, Ladislav Ťažký, Ivan Štrpka, sodass die Situation durch sichtbare und unsichtbare Texte charakterisiert war. Doch war die Normalisierung in der Slowakei bei weitem nicht so rigid wie in Böhmen und Mähren. So konnten die Prosaautoren wie Dušan Mitana oder Rudolf Sloboda ihre Texte teilweise veröffentlichen, oder die Dichter Mikuláš Kováč oder Ľubomír Feldek. In den siebziger Jahren waren die beliebtesten und produktivsten Autoren Vincent Šikula, Ján Johanides, Ladislav Ballek, Ján Lenčo, Ivan Habaj, Peter Jaroš, Rudolf Sloboda, Dušan Mitana, Dušan Dušek, Július Balco und von den Dichtern Milan Rúfus. Die entscheidende Rolle kam den Dreißgjährigen zu, die für die kommenden Zwanzigjährigen den Boden vorbereiteten. So waren die siebziger Jahre vor allem eine Zeit der großen Romane, was in den folgenden Jahren nicht mehr der Fall sein wird.
Der Zyklus wird auch in einem Vortrag die gegenwärtige slowakische Literatur erfassen, kartieren, besonders die Prosa. Es geht vor allem um Texte die nach 1989 veröffentlicht wurden bis zur unmittelbaren Gegenwart, wobei Rückgriffe auf die Epochen davor nicht auszuschließen sind. So zielt der Vortrag einerseits auf neue Aktivitäten der älteren Generation, deren Poetik sich in den sechziger jahre herausgebildet hat, wie auf das Schaffen der jungen Schriftsteller, die erst nach der Revolution 1989 die literaturarische Bühne betreten haben.
© Stephan-Immanuel Teichgräber

Zeitplan
Vortragszyklus zur Geschichte und Entwicklung der slowakischen Literatur im 19. Und 20. Jahrhundert
Beginn März 2009
Vortragstitel Name Datum und Uhrzeit (Beginn jeweils um 17.Uhr) Ort
Märchen im slowakischen Romantismus
Mgr. Janka Pácalová, PhD. 17.3.2009 Slawistik Seminarraum 1
Literatur der Slowakischen Moderne Mgr. Dana Kršáková, CSc. 28.4.2009 Slawistik Seminarraum 1
Das Werk von Svetozár Hurban Vajanský im Kontext der nationalistischen Ideologie
Mgr. Ivana Taranenková, PhD. 12.5.2009 Slawistik Seminarraum 1
Messianismus im slowakischen literarischen Romantismus
Mgr. Ľubica Somolayová, PhD.

26.5.2009 Slawistik Seminarraum 1
Paradoxien der Memoireliteratur in der Zwischenkriegsliteratur des 20.Jahrhunderts

Mgr. Karol Csiba, PhD. 9.6.2009 Slawistik Seminarraum 1
Die Verwandlung des Schreibens über Poesie (in der slowakischen Literatur und Kritik) ab Ende der 50er bis 90er Jahre des 20.Jahrhunderts
Fedor Matejov, CSc. 23.6.2009 Slawistik Seminarraum 1
Die Bilder der slowakischen Prosa der 60er Jahre
PhDr. Zora Prušková, CSc. 8.9.21009 Slawistik Seminarraum 1

Prosawerk von Vincent Šikula in der 60er Jahren des 20.Jahrhunderts
Mgr. Vladimír Barborík, CSc. 13.10.2009 Slawistik Seminarraum 1
Romansituation in der zweiten Hälfte der 70er Jahre des 2o.Jahrhunderts
PhDr. Eva Jenčíková, CSc.
3.11.2009 Slawistik Seminarraum 1
Das Menschenbild und die Weltauffassung in der präromantischen Prosa
Doc. PhDr. Erika Brtáňová, PhD. 24.11.2009 Slawistik Seminarraum 1
Slowakische Prosa nach 1989
Mgr. Ivana Taranenková, PhD. 15.12.2009 Slawistik Seminarraum 1

Organizer

Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur, Dokumentációs iroda a kelet- és középeurópai irodalom számára

Die Dokumentationsstelle besteht seit 2000

Sie stellt ost- und mitteleuropäische Autoren vor, sammelt Primär- und Sekundärliteratur

hält über 30 Literatur- und Kulturzeitschriften

liefert drei bis fünfmal wöchentlich einen Newsletter

 

Begin

2009-03-17 17:00:00
 

End

2009-03-17 18:30:00
 

Location

Universität Wien