MROŻEK, SŁAWOMIR

Geb. 1930 in Borzecin. Dramatiker, Prosaiker, Satiriker, lebte in den USA, Mexiko, Deutschland und Frankreich (Paris). 1996 kehrte er nach Polen zurück und wohnt seitdem in Krakau.

Seit 1994 werden in Zeitschriften regelmäßig seine Zeichnungen veröffentlicht und seit 1997 schreibt er Feuilletons für die größte polnische Tageszeitung, "Gazeta Wyborcza". Mrozek ist wahrscheinlich der meistgespielte zeitgenössiche Dramatiker in Polen und anderen Ländern und war über viele Jahre - neben Stanislaw Lem - einer der meistgelesenen Prosaiker in Polen. Sein Werk wurde in mehrere Sprachen übersetzt und in diesen Sprachen aufgeführt.

Mrozek debütierte 1950 als Zeichner und 1953 begann er seine Arbeiten zu veröffentlichen. Die Zeichnungen, aber auch seine Erzählungen, in denen die Komik eine wichtige Rolle spielte, machten ihn sehr populär und sicherten ihm in der polnischen Literatur einen besonderen Platz. Mrozek spürte die Absurditäten des Alltags im realen Sozialismus auf und machte sie lächerlich. Auf gleiche Weise befasste er sich mit den banalisierten, meist postromantischen Stereotypen, die im Bewusstsein der Polen verhaftet waren. In der Umgangssprache wurde der Satz: "Wie bei Mrozek" zu einem Begriff, der vor allem die absurden Aspekte des Alltags beschreibt. In Diskussionen werden oft Situationen oder Fragmente aus seinen Stücken, als Beispiele für die Argumentation, herangezogen. Als Dramaturg debütierte Mrozek 1958 mit dem Stück Die Polizei, das die Wirklichkeit in einem totalitären Staat aufzeigt und in dem Polizisten - Funktionäre des öffentlichen und geheimen Machtapparats - die Schlüsselrolle spielen. Um die Machthaber und die Gesellschaft von ihrer Unentbehrlichkeit zu überzeugen, schafft Mrożeks Polizei selbst eine Opposition, um eine Rechtfertigung für ihre Tätigkeit zu haben.

Die Stücke, die darauf folgten waren auch sehr erfolgreich. Mrozek bediente sich der Groteske, der absurden Übertreibung, der Satire und Parodie, wobei die Komik eines der stärksten Elemente dieser Stücke war. Gleichzeitig zeichnen sich seine Werke mit Inhalten aus, die man als Sentenzen oder philosophische Fabeln klassifizieren könnte. Sie betreffen sowohl die bedrückende Wirklichkeit eines totalitären Staates, wie es die Volksrepublik Polen war, wie auch die psychologischen "Spiele" in zwischenmenschlichen Beziehungen, derer wir uns bedienen, um andere zu beherrschen. Oft zeigte Mrozek den Konflikt zwischen den Intellektuellen - die de facto nur willenlose Marionetten waren -, den Ideologen - also den Machern von gesellschaftlichen Strukturen - und den Proleten, die über nichts reflektierten und für die nur das Gesetz des Stärkeren galt. Das Opfer war normalerweise der "Intellektuelle" und der "Prolet" der Henker, der die Anweisungen des "Ideologen" ausführte. Mrozeks Themen waren Unterdrückung und Konformismus. Systematisch demontierte er nationale Mythen und unterstrich die Verbindung zwischen Politik und menschlicher Existenz. In dem Stück Der Truthahn (1960) setzt er sich mit der Atmosphäre der Lähmung, die in Polen herrschte, auseinander; im Tango mit dem Vermächtnis der Avantgarde (sowohl der künstlerischen wie auch der gesellschaftlichen) und deckt auf, dass man sich in einer Situation, in der alles erlaubt ist, nach dem Verbot und einer eng einzuhaltenden Norm sehnt, wobei diese Norm zur nackten Gewalt werden kann. Das Stück Der Schlachthof (1973) beschäftigt sich mit der "Natur" und der "Kultur" des Menschen und zeigt die Natur als einen dünnen Vorhang, der das Tierische und Grausame verhüllt. Das Stück Emigranten (1974) ist eine hervorragende psychologische Skizze der polnischen Mentalität, die das psychologische "Machtspiel" zwischen zwei Polen, einem "Intellektuellen" und einem "Proleten" - beide illegale Immigranten in den USA -, wiedergibt. In seinem letzten Stück Liebe auf der Krim (1993) analysiert Mrozek die drei Gesichter Russlands: des Russlands zur Zarenzeit, des Sowjetrusslands und des postkommunistischen Russlands.

"Ich habe zwar auf verschiedene Arten gelacht, laut und leise, 'aus dem Bauch' und intellektuell, doch mein Lachen kam nie an den Kern heran. Ich gehöre zu einer Generation, in deren Lachen immer Ironie, Bitterkeit oder Verzweiflung mitklingen wird. Ein gewöhnliches Lachen um des Lachens willen, heiter und ohne Probleme - das scheint uns etwas altmodisch und weckt Neid."

Bibliographie:

Dramen:

* Policja / Die Polizei, "Dialog Nr. 6/1958
* Meczenstwo Piotra Oheya / Das Martyrium der Piotr Ohey, "Dialog", Nr. 6/1959
* Indyk / Der Truthahn, "Dialog" Nr. 10/1960
* Na pelnym morzu / Auf hoher See, "Dialog" Nr. 2/1961
* Karol / Karol, "Dialog" Nr. 3/1961
* Strip-tease / Striptease, "Dialog" Nr. 6/1961
* Kynolog w rozterce / Der Kynologe im Zwiespalt, "Dialog" Nr. 11/1962
* Zabawa, "Dialog" Nr. 10/1962
* Czarowna noc. Eine wundersame Nacht, "Dialog" Nr. 2/1963
* Jelen / Der Hirsch - entstand ung. 1963. Premiere 1966
* Racket Baby - entstand ung. 1963
* Smierc porucznika / Der Tod des Oberleutnants, "Dialog" Nr. 5/1963.
* Dom na granicy / Das Haus an der Grenze - entstand ung. 1964, "Dialog" Nr. 5/1967
* Tango, "Dialog" Nr. 11/1964
* Krawiec / Der Schneider - entstand 1966, "Dialog" Nr. 11/1977
* Pies / Der Hund - entstand 1966
* Poczworka / Der Vierer, "Dialog" Nr. 1/1967
* Testarium / Die Propheten, "Dialog" Nr. 11/1967
* Woda / Wasser (ein Hörspiel), "Dialog" Nr. 6/1967
* Drugie danie / Noch mal von vorn, "Dialog" Nr. 5/1968
* Szczesliwe wydarzenie / Ein freudiges Ereignis - entstand ung. 1968, "Kultura" Nr. 5/1971
* Vatzlav / Watzlaff - entstand ung. 1970, Paris: Instytut Literacki 1982
* Rzeznia / Der Schlachthof, "Dialog" Nr. 9/1973
* Emigranci / Emigranten, "Dialog" Nr. 8/1974
* Garbus / Buckel, "Dialog" Nr. 9/1975
* Lis filozof / Fuchs, der Philosoph, "Dialog" Nr. 3/1977
* Polowanie na lisa / Fuchsjagd, "Dialog" Nr. 5/1977
* Serenada / Serenade, "Dialog" Nr. 2/1977
* Lis aspirant / Fuchs, der Aspirant, "Dialog" Nr. 7/1978
* Pieszo / Zu Fuß, "Dialog" Nr. 5/1980
* Ambasador / Der Botschafter. Paris: Instytut Literacki 1982
* Alfa / Alpha. Paris: Instytut Literacki 1984
* Letni dzien / Ein Sommertag - entstand 1984
* Kontrakt / Der Vertag, "Dialog" Nr. 1/1986
* Portret / Das Porträt, "Dialog" Nr. 9/1987
* Wdowy / Die Witwen - entstand ung. 1992
* Milosc na Krymie / Liebe auf der Krim, "Dialog" Nr. 12/1993
* Wielebni. Piekny widok / Die Ehrwürdigen. Schöne Aussicht. Warszawa: Noir sur Blanc 2000

Sammelausgaben satirischer Erzählungen:

* Opowiadania z Trzmielowej Gory / Erzählungen, geschrieben auf dem Hummelberg. Warszawa: Czytelnik 1953
* Polpancerze praktyczne / Praktische Halbrüstungen. Krakow: WL 1953
* Slon / Der Elefant. Krakow: WL 1957
* Wesele w Atomicach / Hochzeit in Atomweiler. Krakow: WL 1959
* Deszcz / Regen. Krakow: WL 1962
* Dwa listy i inne opowiadania / Zwei Briefe und andere Erzählungen. Paris: Instytut Literacki 1970
* Opowiadania / Erzählungen. Krakow: WL 1981
* Donosy / Denunziationen. London: Puls 1983

Satirische Erzählungen:

* Malenkie lato / Der klitzekleine Sommer. Krakow: WL 1956
* Ucieczka na poludnie / Flucht in den Süden. Warszawa: Iskry 1961

Feuilleton-Sammelausgaben:

* Male listy / Kleine Briefe.Krakow: WL 1981
* Dziennik powrotu / Tagebuch der Rückkehr. Warszawa: Noir sur Blanc 2000
* Male listy / Kleine Briefe. Warszawa: Noir sur Blanc 2000

Drehbücher:

* Wyspa roz / Die Roseninsel, "Dialog" Nr. 5/1975
* Amor, "Dialog" Nr. 3/1978
* Powrot / Die Rückkehr, "Dialog" Nr. 9/1994

Übersetzungen:

* Englisch: Tango. New York: Grove Press 1968; The ugrupu bird / Wesele w Atomicach. London: Macdonald & Co. 1968; Striptease, Repeat performance, and The prophets. New York: Grove Press 1972; Striptease, Tango, Vatzlav / Striptiz, Tango, Vatzlav. London: Cape 1972; The elephant / Slon. Westport: Greenwood Press 1972
* Französisch: Les émigrés / Emigranci. Paris: A. Michel 1975; Le pic du bossu. Paris: A. Michel 1979; Tango. Paris: A. Michel 1989; Le contrat. L'Age d'Homme 1990; La vie est difficile. Paris: A. Michel 1991; L'éléphant. Paris: A. Michel 1992; L'amour en Crimée. Comédie tragique en 3 actes. Montricher: Noir sur Blanc 1994; L'arbre. Montricher: Noir sur Blanc 1996; Les Porte-plume. Paris: A. Michel 2000; Une souris dans l'armoire. Paris: A. Michel 2000; Le couturier. Paris: A. Michel 2000; Journal du retour. Montricher: Noir sur Blanc 2001; Oeuvres completes IV: Dessins humoristiques et satiriques 1. Montricher: Noir sur Blanc 1993; Oeuvres completes VI: Théatre 3. Montricher: Noir sur Blanc 1996; Oeuvres completes VII: Nouvelles et Scénarios. Montricher: Noir sur Blanc 1997; Oeuvres completes VIII: Théatre 4. Montricher: Noir sur Blanc 1992; Oeuvres completes IX: Romans 1. Montricher: Noir sur Blanc 2000; Oeuvres competes X: Nouvelles 3. Montricher: Noir sur Blanc 2001
* Deutsch: Der Elefant. Satiren / Slon. Berlin: Henssel 1960; Hochzeit in Atomweiler / Wesele w Atomicach. Berlin: Henssel 1961; Stücke I. Berlin: Henssel 1963; Auf hoher See. Der Hirsch. Berlin: Henssel 1963; Stücke II. Berlin: Henssel 1965; Der Truthahn / Indyk. Berlin: Henssel 1968; Stücke III. Berlin: Henssel 1970; Watzlaff. Ein Spiel in 77 Szenen / Vatzlav. Berlin: Henssel 1970; Was uns trägt. Berlin: Henssel 1970; Emigranten / Emigranci. Berlin: Henssel 1975; Stücke. Berlin: Volk und Welt 1977; Gesammelte Werke, Bd. 1: Tango und andere Stücke. München/Zürich: Piper 1980; Gesammelte Werke, Bd. 2: Die Giraffe und andere Erzählungen. München/Zürich: Piper 1980; Gesammelte Werke, Bd. 3: Amor und andere Stücke. München/Zürich: Piper 1981; Gesammelte Werke, Bd. 4: Der Dicke, der lachte und andere Erzählungen. München/Zürich: Piper 1981; Das Leben ist schwer. Satiren / Trudne zycie. München: dtv 1985; Zabawa. Satire in lustloser Zeit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1992; Striptease und andere Stücke. Stücke 1958-1961. Zürich: Diogenes 1992; Die Giraffe und andere Erzählungen. Erzählungen 1953-1959. Zürich: Diogenes 1992; Tango und andere Stücke. Stücke 1962-1965. Zürich: Diogenes 1993; Die Geheimnisse des Jenseits und andere Geschichten. Kurze Erzählungen 1986-1990. Zürich: Diogenes 1993; Der Botschafter und andere Stücke. Stücke 1981-1992. Zürich: Diogenes 1993; Watzlaff und andere Stücke. Stücke 1968-1970. Zürich: Diogenes 1994; Liebe auf der Krim. Eine tragische Komödie in drei Akten. Zürich: Diogenes 1994; Der Perverse und andere Geschichten. Kurze Erzählungen 1991-1995. Zürich: Diogenes 1995; Emigranten und andere Stücke. Stücke 1971-1975. Zürich: Diogenes 1997; Amor und andere Stücke. Stücke 1976-1980. Zürich: Diogenes 1998; Mein unbekannter Freund und andere Geschichten. Kurze Erzählungen 1981-1985. Zürich: Diogenes 1999; Der Doppelgänger und andere Geschichten. Erzählungen 1960-1970. Zürich: Diogenes 2000; Lolo und andere Geschichten. Erzählungen 1971-1980. Zürich: Diogenes 2000

Personaldaten

Herr MROŻEK, SŁAWOMIR
Ort: Krakau
Tätigkeit:
Telephonnummer :
Handynummer:
Fax:
E-Mail:
Geburtsdatum: 1930-00-00
Geburtsort:
Todesdatum:
Todesort:
Land: Poland